Janz Berlin is eene Wolke ………….
Mit dem Doppeldecker-Bus durch
West-Berlin der 70 er Jahre.
Der große Gelbe löst sich aus dem fließenden Verkehr. Mit geballter Masse schiebt er sich der Haltestelle entgegen. Bremst. Die wartende Menschenmenge dort, kommt in Bewegung. Der Schaffner steht. auf der offenen Plattform des Doppeldeckers.
„Einsteigen bitte“, mahnt er zur Eile, „na komm´se schon; und durchtreten, meine Herrschaften – da woll´n noch mehr mit.“ Schon greift der Schaffner einer älteren Dame unter den Arm, zieht sie hoch und schiebt sie zu den sich im Innern des Busses drängenden Fahrgästen. Kaum hängt der letzte eingestiegene Gast auf der Plattform, ruft er: „Festhalten bitte!“ und drückt auf den kleinen schwarzen Knopf. Das „Tüüt“ tönt durch den Bus und ist lauter als das Brummen des laufenden Motors. Mit unüberhörbarem Zischen, „Tschsch-Tschsche!“, geben die Bremsen die Räder frei. Zeit ist knapp, der Fahrplan zwingt zur Eile.
Der Fahrer, vorn, hinter dem großen Lenkrad, ist voll konzentriert. Er blickt in den Spiegel, lässt die Kupplung gaanz langsam kommen, gibt Zwischengas. Der Motor heult auf, dritter Gang. Jetzt hängen die Leute, der Fliehkraft gehorchend, schräg an den Stangen und in den Halteschlaufen. Während der Fahrt wippen die Köpfe der Fahrgäste im Takt zum Bremsen und Anfahren des Busses.
Dann die nächste Haltestelle. Laut tönt die Stimme des Schaffners: „Beamtenfriedhof! Jemand aussteigen?“ Ein Fahrgast, kommt wohl von außerhalb, hat nicht verstanden: „Watt is hier“, will er wissen, „wieso Beamtenfriedhof? Hier is doch Fehrbelliner Platz, ich will zu den Ämtern“. „Ja schon, mein Herr“, lacht der Schaffner, „aba hier ruh´n tausend Beamte!“ „Ach so!“ —
Berliner Autobusschaffner sind in den 70er Jahren der Mittelpunkt dieser gelben Ungetüme auf Rädern. Beobachtet man sie, bleibt einem die Spucke weg. Janz Berlin is eene Wolke, doch nur die Schaffner sind zu sehen. Auf alle Fälle sind sie zu hören. „Und weiter durchtreten!“, drängen sie die Gäste ohne Unterlass. „Mann, wir sind doch nicht auf dem Kasernenhof“, ruft jemand empört, der bestimmt kein Berliner ist. —
Unten und oben, alle Plätze besetzt. Der Mittelgang voll. Auch auf der Plattform drängen sich Männlein und Weiblein. Nur die Treppe zum Oberdeck muss frei bleiben. Hier ist Stehen verboten.
„Und noch jemand ohne Fahrschein?“ … „Ein´ Moment bitte, komm´se, – da die Dame – einmal einfach?“ Der Geldwechsler klappert. „ Bitte schön. Und noch jemand …..?“
„Stubenrauchstrasse – Zimmerqualm – die nächste …, jemand raus? Keiner!“ Tüüüt – weiter, weiter, weiter! sagt das Signal dem Fahrer. —
Vollbesetzt düst die gelbe Wand an der nächsten Haltestelle vorbei. – Berufsverkehr. – Die wartenden Fahrgäste weichen enttäuscht zurück. Der Doppeldecker schwimmt mit dem fließenden Verkehr der Endstation entgegen.
Auf der Fahrt zwischen den Haltestellen wird auch oben kassiert. Mit seinem Geldwechsler vorm Bauch und dem Fahrscheinhalter in der Linken flitzt der Schaffner bei schaukelndem, springendem, sich in die Kurve legenden Bus durch den schmalen Gang bis nach vorn. Immer in Bewegung. Trepp´ rauf, Trepp´ runter. Acht Stunden am Tag, bei geteilten Diensten ist´s ein bischen mehr.
Stundenlang zieht die Fahrbahn wie ein Fließband an der unteren Stufe der Plattform vorbei. Man darf da nicht hingucken, sonst wird man meschugge. Kräftiger Fahrtwind weht den Fahrgästen die Berliner Luft um die Waden. Die Menschen hängen gestreckt, mit erhobenen Armen, an den Halteschlaufen. Die Reifen schnalzen über den Asphalt. Es hat geregnet.
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